Stärken und Schwächen
Wir schreiben Anfang der 90’er. Ich wohne in der Dortmunder Innenstadt in einer netten WG und fahre einen Mercedes, 123’er Baureihe – das beste Auto, welche in jemals fahren durfte. Ok, sehen wir mal von den 12l Super auf 100Km ab.
Meine neue Mitbewohnerin möchte sich das Auto ausleihen um zu einer Freundin zu fahren. Ich bin nett und gebe ihr den Schlüssel. 20 Minuten später klingelt das Telefon (Handy gab es da ja noch nicht für uns):
Sie: „Hi, sag mal. Ich habe eine kurze Frage zu Deinem Auto“
Ich: „Was hast Du gemacht und was wird es mich kosten?“
Sie: „Alles in Ordnung. Aber wie entrigelt man die Handbremse?“
(Anmerkung: Es gibt keinen Handbremshebel)
Ich: „Ah ja, hatte ich vergessen Dir zu sagen. Du musst links im Fußraum…
… moooment … Wieso rufst Du denn an und kommst nicht einfach hoch?“
Sie: „Ich bin schon bei der Freundin“
Ich: „Du bist 15 Minuten mit angezogener Handbremse gefahren?!?“
Sie: „Äh, ja“
Ich: „Und Du hast nichts gemerkt???“
Sie: „Doch, aber ich habe mich nicht getraut zu fragen“
In Projekten erlebt man oft ähnliche Dinge. Wer Hilfe benötigt hat Angst, danach zu fragen. Es könnte ja ein schlechtes Licht auf die Person werfen. Unwissenheit ist Schwäche. Statt dessen wird fast verzweifelt versucht, die Lücken zu verbergen. Dieses Verhalten richtet anschließend immer mehr Schaden an.
Klar, es gibt auch den anderen Fall. Die Leute, die bei jeder Kleinigkeit ankommen an statt sich erst einmal selber an der Lösung zu versuchen. Auch das kann einen in den Wahnsinn treiben. Erste Ziel sollte für jeden sein, selber die Lösung zu finden. Es sei denn, es kostet zu viel Zeit. Dafür hat man ja schießlich Experten.
Gegenseite(!) Hilfe ist – vor allem in Projektsituationen – aber kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Merkmal eines funktionierenden Teams. Und jetzt kommt der Projektleiter ins Spiel. Er sollte seinem Team klar machen, dass es absolut nichts bringt, endlos selber an einem Problem herumzubasteln. Jeder hat auf einem Gebiet seine Stärken und auf einem anderen Gebiet Schwächen. Dies kann fatal sein, wenn jeder seine Schwächen verstecken will und diese dadurch das Projekt gefärden oder ein Erfog. Nämlich dann, wenn sich Stärken sinnvoll ergänzen.
Eine entsprechende Kultur der gegenseitigen Hilfe zu etablieren ist jedoch eine echte Herausforderung. Gerade wenn die Firmen größer werden wird es immer schwerer. Aber es lohnt sich.
‹ John Cleese wird 70 Liebe Accor Hotel Kette, ›
Zitat:
Wir schreiben Anfang der 90′er. ……
ich: “Ah ja, hatte ich vergessen Dir zu sagen. Du musst links im Fußraum…
… moooment … Wieso rufst Du denn an und kommst nicht einfach hoch?”
Sie: “Ich bin schon bei der Freundin”
Hier scheint die Erinnerung ein wenig zu trügen – Anfang der 90er wurde das D-Netz gerade eingeführt. Da war es noch üblich, nicht von vor der Haustür oben anzurufen….. tja, das waren noch Zeiten, in denen mensch noch keine Telefon-Flatrates hatte, Mobiltelefonieren teuer und der Gang zur Haustür nicht zu weit….
falls ich mich irren sollte…. Entschuldigung bitte.
Trotzdem hat der Beitrag einen hohen Wert. Der menschlich wie ökonomisch größte Schaden entsteht beim Vertuschen von kleinen Fehlern oder Schäden.
Steffen
@Steffen:
Ne, und wir hatten auch kein C-Netz :-)
Aber es gab eine Telefonzelle quasi vorm Haus und die WG war im 5. Stock ohne Aufzug. Es war daher gar nicht so ungewöhnlich, dass man von der Straße aus die Wohnung angerufen hat (wenn man z.B. wieder vergessen hatte, wie viele Brötchen man mitbringen sollte etc.).
[…] Guerilla Projektmanagement geht es um Stärken und Schwächen sowie gegenseitige Hilfestellung im Projekt. Die Kernaussage lautet, dass Hilfe und Unterstützung Zeichen eines guten Teams und keine Zeichen […]