Politik im Sprechzimmer
Was würde wohl passieren, wenn ich zu einem neuen Kunden gehe und ihm erstmal ein Zettel in die Hand drücke, in dem ich gegen die Voratsdatenspeicherung argumentiere und mich gegen bestimme Parteien äußer? Richtig, der Kunde würde mich hinauswerfen. Es ist schlechter Stil und gehört da nicht hin.
Warum, frage ich mich, lässt sich die Ärzteschaft darauf ein, genau sowas zu mach?!?
Ich war heute beim Dermatologen um mich auf Hautkrebs untersuchen zu lassen. Die erste Überraschung erlebte ich schon, also ich den Termin ausmachte. Alle Hautärzte Südhessens haben sich wohl abgesprochen und weigern sich, die Untersuchung kostenlos durchzuführen. Das ist zwar gesetzlich zu vorgesehen, sie machen es aber nicht. Ihr Argument ist, dass die gesetzliche Untersuchung zu schlecht sei und sie einviel aufwändigere, bessere Untersuchung machen – oder keine. Meine Krankenkasse konnte mir nicht weiterhelfen. Sie empfahlen mir, ich könne doch zu einem Allgemeinmediziner der eine 8-Stunden Fortbildung für die Erkennung von Hautkrebs gemacht hat – das wollte ich jetzt aber nicht.
Also gut. 30 EUR soll wir mein Leben wert sein.
Bei der Anmeldung bekam ich dann ein Din A4 Zettel mit „Patienteninformationen“. Diese Informationen bestanden aus Vorwürfen gegen die SPD (sie wurde explizit erwähnt) und ihre Gesundheitspolitik. Glaubt man dem Zettel, machen alle Fachärzte unglaubliche Verluste und werden bald am Bettelstab enden.
Ich kann die Argumente nicht bewerten, dafür fehlen mir Informationen. Aber ich war kurz davor, einfach wieder zu gehen. Soetwas hat aus meiner Sicht dort nichts zu suchen. Ich möchte geheilt werden und keine Wahlkampfveranstaltung besuchen. Hier wird eiskalt ausgenutzt, dass man zum Arzt gehen muss – man hat ja meistens ein Problem. Auch wird hier das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient missbraucht.
Ach ja, wie meine 30 EUR teure Untersuchung war? Sie hat gefühlte 90 Sekunden gedauert. Man muss dazu wissen, dass ich reichlich, teilweise verfärbte Muttermale habe. Aber so ein echter Experte scannt das natürlich alles aus 2 Meter Entfernung in Rekordzeit …
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Von (niedergelassenen) Ärzten (so wie auch Apothekern z.B.) wird verlangt, dass Sie nicht nur das Wohl Ihrer Patienten beachten, sondern auch als Wirtschaftsunternehmen handeln (und ihre Patienten als Kunden sehen). Das ist nicht die Schuld der Arzte, sondern der Politik/Funktionäre. Dennoch geht das oft nicht gut. Manchmal weil Ärzte zu geldgierig sind, manchmal, weil sie das im Studium und später nicht gelernt haben.
Seit dem mir mein Augenarzt eine unnütze IGEL-Vorsorgeuntersuchung aufgeschwatzte und dabei das Vertrauensverhältnis missbraucht hat (ich habe ihm geglaubt und mich erst hinterher über die Untersuchung informiert), verdient jener an mir kein Geld mehr und ich habe den Arzt gewechselt.
Ärzte muss man inzwischen genauso misstrauich betrachten wie KFZ-Reparaturwerkstätten – bei beiden Gruppen gibt es regelmäßig „schwarze Schafe“, die beim Laien-Kunden Ängste schüren um an dessen Geld zu kommen.