Consideo Modeler: Erster Eindruck
Vor ein paar Wohen wurde ich gefragt, ob ich nicht etwas über den Consideo Modeler schreiben möchte. Hier nun das Ergebnis
Worum geht es? Schauen wir mal auf die Webseite:
So einfach wie Mindmapping und so mächtig wie eine Simulationssoftware erlauben der MODELER, der OLAP MODELER und der PROCESS MODELER erstmals auch Nicht-Experten, Hebel und Risiken von komplexen Problemstellungen aus unterschiedlichsten
Das klingt doch schon mal gut. Vor einiger Zeit hat mich ein Bekannter gefragt, ob ich nicht eine Software wüsste, mit deren Hilfe er eine Backstraße modellieren kann. Er arbeitet in der Nahrungsmittelindustrie und war kurz vorher zu einer neuen Firma gewechselt. Er wollte nun eben diese Backstraße optimieren. Meine Antwort war, dass es solche Software gibt. Leider ist es absolut nicht trivial, sie zu benutzen. Im Normalfall braucht man eine Berater, der erstmal die Analyse durchführt und das Model anschließend auf dem Rechner erstellt. Die folgenden Simulationsläufe können dann gemeinsam durchgeführt werden.
Daher war ich doch sehr gespannt. Gibt es tatsächlich eine Software, die auch von „Nicht-Experten“ bedient werden kann? Vielleicht noch eine kurze Anmerkung: Ich war schon immer der Meinung, dass wirklich gute Software kein Handbuch braucht. Wenn ich z.B. ein UML Tool benutze, sollte es reichen, dass ich UML verstehe. Aber ich will nicht erst noch 3 Wochen lang das Tool lernen müssen. Dann nehme ich doch lieber Papier und Bleistift.
Noch eine Anmerkung: Meine letzten praktischen Erfahrungen mit Simulationstools lagen recht weit zurück. Umso neugieriger war ich, was sich in den letzten Jahren getan hat.
Der erste Eindruck
Häh?!?
Ich verstehe erstmal nur Bahnhof. Nicht nur die Software ist nicht gerade intuitiv zu bedienen. Auch der Zugang zur Dokumentation ist echt hart.
Aus meiner Sicht wurde hier ein klassischer Fehler gemacht. Wenn Fachleute und Experten Anleitungen schreiben, vergessen sie gerne ihre Zielgruppe. Es werden – leider – zuviele Dinge vorausgesetzt. Ein nettes Beispiel hierfür ist die Pressemittelung, die der Tool-Hersteller vor einigen Tagen verschickt hat. Auszug:
Die Einflussmatrix ist deutlich verbessert und durch graphische Veränderungen leicht lesbar. Beispielsweise kann nun über das Kontextmenü direkt die Einflussmatrix des ausgewählten Faktors aufgerufen werden. Und die vier Felder der Einflussmatrix können individuell benannt werden.
In der Einflussmatrix werden nun auch Faktoren berücksichtigt, die selbst nicht in Wirkungsschleifen sind, aber auf dem Weg zum Zielfaktor solche anstoßen. So können beispielsweise geplante Maßnahmen, die als so genannte Input-Faktoren im Modell abgebildet werden, direkt miteinander verglichen werden.
Das findet sich im 2. Absatz. Na, wie viele Redakteure haben das wohl verstanden? Hmm…
Auch im Handbuch wird darauf hingewiesen, dass Zielgruppe „Entscheider und Planer selber“ seien. Ich bin mir sicher, dass klappt. Aber leider nicht mit dieser Dokumentation. Wieviele Entscheider können mit Runga-Kutta etwas anfangen?
Dokumentation
Neben einigen Dokus auf der Webseite bekam ich nach einigen Tagen 2 Hefte mit Dokus zugeschickt. Eines trägt den Titel „Modelst Du schon – oder tappst Du noch im Dunkeln“. Dort wird mit Hilfe eines Real-Life Beispiels die Benutzung des Tools erklärt.
Aber warum erst jetzt? So ein Tutorial hätte ich mir beim ersten Aufruf der Software gewünscht. Es werden zwar Beispiele mitgeliefert, aber die helfen erstmal nicht wirklich weiter (wie schon gesagt, ich versuche das aus der Sicht des Fachbereichs zu sehen, nicht als Mathematiker/Informatiker/usw.).
Alles in allem würde es aus meiner Sicht eine gute Idee sein, die Dokumentation zu straffen.
Stabilität
Argh!!! Ich habe das Tool jetzt 2 Tage im Einsatz (OS X, 10.5.6). Leider hängt es sich alle paar Stunden auf. Schade.
Benutzeroberfläche
Die Oberfläche ist (OS X) aus meiner Sicht an einigen Stellen verbesserungswürdig. Es gibt keine groben Schnitzer, aber die Usebility ist irgendwie nicht stimmig.
Ich bin bei der Erstellung eines Models schon im ersten Anlauf gescheitert. Ich habe nur 3 Elemente angelegt: Geldbestand, Einnahme und Ausgabe. Alle Daten eingegeben, auf „simulieren“ gewechselt – und die Fehlermeldung bekommen, das Model sei fehlerhaft. Hmm, aber wo ist mein Fehler? Wo finde ich nähere Informationen zu dem Fehler? Leider ging es schon da nicht weiter. Solche, und andere Probleme, haben dazu geführt, dass ich mich eher durch die Software gequält habe. Es hat einfach keine Freude gemacht, die Software zu benutzen.
Simulationsergebnisse
Vor vielleicht 15 Jahren gab es LeuSmart (basierte auf Funsoft Netze – wer mehr wissen will, wende sich an Google). Ich erwarte 2009 natürlich von einem Tool dieser Art, dass es mir mehr (oder zumindest einfacheren, schnelleren) Erkenntnisgewinn liefert, als dieses alte Tool. Ganz ehrlich: Ich kann das nicht sehen. Das Tool ist ok, wenn es um Visualisierung geht. Bei Simulation sehe ich noch ziemlich viel Arbeit.
Mein Fazit
Der Consideo Modeler ist keine schlechte Software. Aber ich hatte die letzten 2 Tage ständig das Gefühl, ich würde mit dem Ergebnis einer Uni-Projektgruppe arbeiten. Damit meine ich Software, die im Rahmen eines Semesters entstanden ist und bei deren Erstellung es erstmal nicht um die Vermarktbarkeit ging, sondern um den Entwicklungsprozess und die dahinter stehende Theorie.
Ich würde zuerst mal die Oberfläche verändern. Es macht irgendwie keinen Spaß, damit zu arbeiten. In dieser Form würde ich die Software eher nicht in einem Meeting einsetzen (dies ist ein Beispiel aus der Doku). Dann natürlich die Dokumentation. Hier sehe ich echtes Verbesserungspotential. Kurze Anmerkung: Parallel zu dem Modeler habe ich Scrivener (ein Autorenwerkzeug) getestet. Das Tool ist extrem mächtig, aber nach 2-3 Stunden fühlte ich mich in der Bedienung sicher.
Letztendlich scheitert der Modeler momentan noch an seinem eigenen Anspruch. Es ist in der aktuellen Version aus meiner Sicht kein Tool für Entscheider und Planer. Es bleibt ein Tool für Spezialisten. Aber vielleicht ist das gar nicht so schlimm. Wir Berater wollen doch dafür bewundert werden, dass wir Tools benutzen können, die kein normaler Mensch versteht …
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Harte Kritik, aber gerechtfertigt.
Ich arbeite mit dem Tool schon seit längerer Zeit und meistens bin auch immer sehr zufrieden damit, bis auf die Schönheitsfehler, an der Benutzeroberfläche sollte wirklich noch geschliffen werden.
Allerdings finde ich den Modeler gut einsetzbar für Meetings insbesondere unter der Betrachtung der Quantifizierung, um vorher-nachher und was-wäre-wenn-szenarien zu simulieren.
Durch Zufall habe ich noch eine anderen Blog-Artikel gefunden wo noch sehr schön auf die einzelnen Funktionen eingegangen wurde, ich hoffe, ich darf den Link hier posten?! http://blogs.technet.com/frankoch/archive/2009/03/25/interessantes-hilfreiches-tool-der-consideo-modeler.aspx
Der Autor schreibt hier auch das es sich ab dem Schritt „Quantifzieren“ auch mehr um ein Expertentool handelt.
Sie schrieben noch über Fehlermeldungen, das fehlerhafte Projekte nicht zu simulieren seien.
Es gibt auf jeden Fall eine Funktion, mit der die Details der Fehler, eigentlich sind es nur fehlende Formeln, angezeigt werden können, ich glaube sie heißt „Fehlerprotokoll“ und wird dann am rechten Bildschirmrand als Leiste angzeigt.
Sobald man Simulieren will, muss man die Faktoren mit Formeln in Beziehungen setzen, das funktioniert ganz einfach per Mausklicks, sobald man den entsprechenden Faktor ausgewhlt hat.
Ich persönlich kann es nur empfehlen und hoffe auf bessere Optik und Stabilität des Modelers.
Geteilte Kritik
Das Mäusegrau und beim ersten Mal der fehlende Hinweis, dass unter Hilfe und dort Zeige Probleme die Liste fehlender Formeln erscheint, halte ich auch für einen großen Hemmschuh.
Ansonsten habe ich mit den quantitativen Modellen aber auch wenig am Hut. Mein Mann hat mit dem PROCESS MODELER für seine Firma einen Produktionsprozess abgebildet und durchgerechnet und ist von der Einfachheit begeistert.
Die Einfachheit begeistert auch mich, als Organisationsentwicklerin. Ich kannte die Funktionen schon aus den vorherigen Versionen, aber ich finde auch, dass mit der neuen Version durch die grauen Hintergrundtexte der Einstieg ausgeprochen einfach ist. Außerdem gibt es das bis jetzt nur als Printversion erhältliche Handbuch auch direkt unter dem Menü Hilfe.
Für mich ist es also fast täglich ein Werkzeug, um Zusammenhänge aufzuzeigen. Zum einen rein visuell, und zum anderen die kurz- und langfristig vermutlich entscheidenden Maßnahmen und Probleme über die Einflussmatrix.
Dennoch sollten wir vielleicht wirklich Kritik üben, damit noch viele nette Verbesserungen folgen – nicht zuletzt optisch.
Viele Grüße
Anne
Noch einmal zu meinem ersten Kommentar, ich schrieb:
„Es gibt auf jeden Fall eine Funktion, mit der die Details der Fehler, eigentlich sind es nur fehlende Formeln, angezeigt werden können, ich glaube sie heißt “Fehlerprotokoll” und wird dann am rechten Bildschirmrand als Leiste angzeigt.“
Die Funktion um die fehlenden Formeln zum Quantifizieren anzuzeigen heißt „Zeige Probleme“ auch unter „Hilfe“, dann sollte alles wie gewünscht klappen, ohne sich zu „quälen“.
[…] UPDATE: Getestet hat den Consideo Modeller Test Sven Rimbach: link […]