Das machen wir, wenn mehr Zeit da ist
Wenn ein Projekt in Schieflage geraten ist, gibt es (zumindest meistens) bei den Beteiligten eine ganze Reihe von Ideen, was man besser – oder zumindest anders – machen könnte. Darauf angesprochen, warum man denn nicht sofort einige Dinge ändern möchte bekommt man gerne Antworten in der Art „Wir haben jetzt zuviel Arbeit und warten damit, bis weniger los ist“.
Hübsche Idee, leider gibt es dabei meiner Meinung nach einen kleinen Denkfehler: Die Phase mit weniger Arbeit wird nicht kommen. Man sollte niemals davon ausgehen, dass der Arbeitsdruck weniger wird. Klar wäre es schön, mal ein paar Wochen ohne Aufgabe zu sein um einige Aufräumarbeiten durchzuführen. Nur, dies wird nicht passieren. Und falls doch kann es natürlich vorkommen, dass die Geschäftsleitung die ganze Abteilung wegen Arbeitsmangel auflöst …
Ein direkter Weg in das persönliche Burn-Out ist der ständige Gefühl, in einem Hamsterrad zu laufen. Man schuftet und schuftet, kommt aber nicht weiter, erhält keine Anerkennung und entfremdet sich von seiner Aufgabe. Gerne belügt man sich in dieser Phase selber: „Nächste Woche (Monat, Jahr) ist das ja vorbei, dann wird es besser.“ Aber es dann leider nicht vorbei.
Entsprechend können nicht nur einzelne Personen, sondern komplette Abteilungen in dieses Hamsterrad geraten. Die Anforderungen werden immer mehr, die Qualität nimmt immer weiter ab und niemand hat eine Idee, wie man da heraus kommt. „Aber wenn mir etwas mehr Zeit haben, kümmern wir uns darum“.
Es gibt ja das vielzitierte Beispiel des Mannes, der mit einer Stumpfes Axt im Wald steht und versucht, einen Baum zu fällen. Ein Wanderer kommt vorbei und fragt ihn, warum er die Axt nicht schärfen will. Geht nicht, sagt der Mann, ich habe keine Zeit. Ich muss doch den Baum hier fällen.
Wie man aus der Nummer wieder ‚rauskommt:
1. Bestandsaufnahme: Was können wir, was wird von uns verlangt, wo sind unsere größsten Probleme? Was können wir sofort, was mittelfristig lösen?
2. Zurücktreten: Bewusst einen (kostbaren) Tag „verschwenden“ und sich im Team zurückziehen. Am besten, man mietet sich einen Raum außerhalb der Firma. Dann wird im Team überlegt: Wie können wir die bestehende Last besser stemmen? Was ärgert uns aktuell am meisten? Ganz klar: Es wird nicht alles sofort besser, aber man kann sich eine Migrationsstrategie überlegen.
3. Überstunden reduzieren: Auch wenn es absurd klingt. regelmäßige Überstunden sind (für die meisten Leute) ein Produktivitätskiller. Jeder hat seine ideale Arbeitsdauer. Manche arbeiten 6, andere 8, wieder andere 10 Stunden produktiv. Dies sollte ein Teamleiter immer berücksichtigen.
4. Sprint einlegen: Man macht mit seinem Team einen Deal: Die Überstunden kommen weg, dafür wir einem einem Wochenende ein Sprint eingelegt. Der Teamleiter sorgt für genug Pizza und Cola sowie für die Abendunterhaltung – und schon geht es los.
5. Anforderungen aufräumen: Aus einem Wasserhahn kommt nicht mehr Wasser, wenn man ihn anschreit. Auch kommt aus einer Abteilung nicht mehr heraus, wenn man sie unter Druck setzt. Also muss klar und extrem transparent kommuniziert werden, wieviel Arbeit das Team unter den gegebenen Umständen leisten kann.
6. Ehrliche Kommunikation: Scotty, wie lange brauchst du? 3 Wochen, Sir. Ich gebe dir 3 Stunden. Ok. Hier wird von beiden Seiten unehrlich gespielt. Der Anforderer verlangt einen zu engen Termin weil er weiß, dass der Umsetzer in seiner Abschätzung schon einen Buffer eingebaut hat. Beim nächsten Mal wird der Umsetzer seinen Buffer (seinen Verhandlungsspielraum) vergrößern. Um es klar zu sagen: Soetwas ist der letzte Dreck und nichts weiter als eine nicht hinnehmbare Respektlosigkeit seines Verhandlungspartners gegenüber. Beide Seiten betrügen ihre Partner. Liebe Leute: Ihr arbeitet in einer Firma. Also treibt die Firma nicht durch eure Spielchen in den Abgrund. Der Umsetzer muss ehrlich kommunizieren und die durch ihn bestätigten Termine im Gegenzug einhalten. Das wird am Anfang schwierig werden (dieses Spielchen zwischen Fachabteilung und Umsetzer ist einfach schon zu alt und eingespielt), aber letztlich wird es beiden Seiten zufrieden stellen.
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