Guerilla Projektmanagement

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1000 Fehler in der Projektleitung: 16

Die Überstundenfalle
Es gibt unzählige Untersuchungen zum Thema Überstunden. Eindeutiges Ergebnis: Regelmäßige Überstunden sind ein großer Produktivitätskiller! Vor einigen Zeit, als Leiter einer Softwareabteilung mit rund 40 Mitarbeitern kam mein Geschäftsführer auf mich zu:
Geschäftsführer:“Du, wir müssen da mal was machen. Deine Leute sind gar nicht motiviert“
Ich:“Huch, wieso denn das? Wir haben doch die super knappe Timline geschafft, wir haben 0 Fluktuation und der Zusammenhalt ist super“
GF:“Also ich war gerade im Großraumbüro und es war komplett leer – und dabei haben wir doch erst 19:00 Uhr“
Wie kommt es zu so einer Wahrnehmung? Die Brutto-Arbeitszeit von Führungskräften ist sehr hoch. Zähle ich alles zusammen, komme ich persönlich – je nachdem in welcher Rolle ich gerade arbeite – ohne Probleme auf über 60 Wochenstunden (und ich bin ein fauler Sack). Aber: Davon verbringe ich vielleicht 10 Stunden im Flugzeug, 15 Stunden in Warteräumen, Zeit in Zügen, Autos, auf dem Weg zwischen zwei Meetings etc. pp. Wirklich produktiv an der Tastatur/im Meeting bleiben netto vielleicht noch 20-25 Stunden pro Woche übrig, wenn überhaupt.
Und das ist das Problem. Viele Führungskräfte denken, wenn ich erst um 21:00 Uhr Feierabend mache, warum sollte der Programmierer/IT Architekt usw. früher gehen dürfen? Ganz einfach: Es ist absolut unmöglich, für solange Zeit produktiv zu sein. Realistischerweise kann man damit rechnen, das ein Mitarbeiter 5 Stunden pro Tag und 4 Tage pro Woche wirklich arbeitet. Den Rest der Zeit verbringt er an der Kaffeemaschine, am Kopierer in lockeren Gesprächen usw. Kurzfristige Überstunden sind in unserem Job notwendig und sinnvoll – auch ein Wochenede kann eine Deadline retten. Aber regelmäßige Überstunden führen zu nichts. Ganz im Gegenteil. Unser Körper bleibt stur bei 5StundenX4 Tage – egal, was wir versuchen. Mit der Zeit wird nur die verlorere Zeit – also die an der Kaffeemaschine etc. – immer mehr.
Schlimmer noch: Wer längere Zeit 12-Stundentage hinter sich gebracht hat, wird irgendwann ständig müde. Ergo: Er wird immer unproduktiver. Ergebnis: Er arbeitet 13 Stunden um sein Pensum zu schaffen. Ergebnis: Er wird noch müder. Ein Teufelskreis … Am Ende merkt man spätestens am hohen Krankenstand, dass irgendwas schief läuft – der Körper weiß nämlich, wie er sich seine Ruhezeiten erkämpft!
Hier ist ein klarer Schnitt wichtig. Vor allem ist hier der Projektleiter in der Verantwortung. Abgesehen davon, dass die Produktivität bei steigenden Kosten immer weiter sinkt: Es gibt ein Arbeitszeitschutzgesetz und eine Fürsorgepflicht der Vorgesetzten. Da steht man schon mal mit einem Bein im Knast wenn der Mitarbeiter übermüdet gegen einen Baum gefahren ist.
Es klingt absurd, aber es funktioniert tatsächlich: Wenn man merkt, dass das eigene Team trotz ständiger Überstunden die Zeitpläne nicht schafft gibt es nur eine vernünftige Reaktion: Die Leute nach Hause schicken. Um 18:00 Uhr die Bürotür abschließen und nicht vor 09:00 Uhr am anderen Tag wieder öffnen. Solange, bis die Produktivität wieder steigt. Wenn gar nix hilft, kann man die Leute auch mal in einen Klettergarten sperren um sich auszutoben.
Nochmal: Überstunden sind nicht prinzipiell schlecht, sondern Teil unseres Jobs. Aber sie sind ein Sprint. Unserer Projekte sind Marathons. Und dort rächt sich ab KM 35 das zu hohe Tempo der ersten 30 KM. Ein guter Projektleiter weiß, wie weit er die einzelnen Mitarbeiter fordern kann und richtig seinen Projektplan danach.

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